Mein Weg zu Linux
2 Die Projektplanung
2.1.1 Bestandsaufnahme aller Systeme im Betrieb
Eine vollständige Liste über alle Systeme erstellen. Hierzu gehören Server, Arbeitsplätze, alle Applikationen, Abhängigkeiten des Geschäftsbetriebs von spezieller Software sowie die Kritikalität aller Hard- und Software.
2.1.2 Definition der Zielarchitektur
Welche Architektur wird in welchem Umfeld eingesetzt. Bei uns haben wir am Anfang in der Desktop Umgebung Linux Mint mit Cinnamon Desktop für den Einstieg verwendet, später Linux Ubuntu mit Gnome. Bei beiden Systemen kann man den Desktop mit Zusatzsoftware individuell anpassen. Das Erscheinungsbild hatte transparente Taskleisten oben und unten. Unten mit Software und oben mit Systemübersicht, Systemeinstellungen und dem Abschaltknopf. Das konnte man individuell nach persönlichem Bedarf einstellen.
Für die Server muss eine neue Architektur gewählt werden. Wir haben am Anfang auf Linux Ubuntu umgestellt, später dann von Ubuntu nach Debian 13, um noch mehr Ressourcen zu sparen. Das Active Directory musste ersetzt werden. Wir haben hierfür Samba AD genutzt. Als Fileserver kam ebenfalls Samba zum Einsatz mit Benutzerkonten, Abteilungskonten und gemeinsamen Projektkonten.
Aktuell testen wir eine Nextcloud mit Paperless NGX auf einem selbstgehosteten Server, um zukünftig überall auf unsere Firmendaten zugreifen zu können.
Bei der Fernwartung ist das RDP Protokoll weggefallen und durch Rustdesk ersetzt worden. Group Policies können durch Ansible oder FreeIPA-Policies ersetzt werden.
2.1.3 Minimalen Stillstand definieren
Ich habe die Umstellungen in verschiedenen Waves geplant und stets am Wochenende vorgenommen. Der Ausfall der Systeme war damit praktisch bei Null. Für die Umstellung wurde keine neue Hardware angeschafft. Heute nutze ich zwei Laptops, um immer arbeitsfähig zu bleiben. Beide laufen unter Linux. Der erste mit Linux Mint, der zweite mit Linux Ubuntu. Beide Systeme sind individuell konfiguriert und nutzen die gleiche Software.
Für größere Firmen nutzt man als IT Abteilung Störreserven, damit Mitarbeiter weiterarbeiten können. Bei Servern werden redundante Systeme eingesetzt. Trotzdem sollte ein minimaler Stillstand eingeplant werden, der für die Umstellung notwendig werden kann. Wir haben es durch Wochenendarbeit geschafft, alles am Laufen zu halten. Da Wochenendarbeit oft durch Softwarelieferanten abgedeckt werden muss, kann dies teuer werden, aber man bleibt die ganze Zeit produktiv. Wichtig ist für eventuelle Probleme Ausweichsysteme zu definieren.
2.2.1 Planung einer Testumgebung
Die IT Abteilung sollte Testgeräte oder Testumgebungen an die Abteilungen herausgeben. Auch hier können die erwähnten Störreserven genutzt werden. In der Testumgebung prüft man den Login, die Software, Netzlaufwerke, Drucker, das VPN und die Kompatibilität alter Daten. Für die Systeme sollte ein Backup- und Restore-Plan entwickelt und getestet werden.
2.2.2 Softwarekompatibilität prüfen
Welche Software kann unter Linux genutzt werden oder bereits unter Windows eingeführt werden, um später unter Linux eingesetzt zu werden. Samba, Nextcloud und Paperless NGX können problemlos eingesetzt werden.
Es gibt vieles, das unter Linux läuft oder ersetzt werden kann. Ich nutze seit mehr als einem Jahr OnlyOffice. Hier können alle Microsoft Formate weiter genutzt werden. LibreOffice kann ebenfalls genutzt werden, allerdings kann es dort zu Formatierungsproblemen kommen.
Wie geht man vor, wenn eine Software nicht Linux kompatibel ist. Unter Windows habe ich die Adobe Suite in der CS4 Version genutzt. Heute nutze ich Photopea. Für Videos habe ich Camtasia genutzt. Heute nutze ich SimpleScreenRecorder und Kdenlive als kostenlose Alternative. Beide erwähne ich der Vollständigkeit halber.
Weitere Möglichkeiten sind Virtualisierung als Insellösung, Windows VMs, Wine oder Proton. Für Spezialsoftware wie Buchhaltung kann ein separater Windows Client oder eine VM genutzt werden. Bei mir ist es die Buchhaltung, die noch einige Jahre benötigt, um Legacy Software abzulösen. Legacy Software ist betriebswichtig und nicht ersetzbar, wenn kein anderes System die Dateiformate lesen kann. Betriebswirtschaftliche Daten müssen 11 Jahre minus einen Tag aufbewahrt werden.
2.3.1 Die schrittweise Umstellung planen
Die schrittweise Umstellung beginnt mit der Backup und Restore Strategie oder dem Parallelbetrieb auf alter und neuer Hardware. Die Umstellung läuft anfangs langsam, damit Fehler frühzeitig korrigiert werden können.
Wir beginnen bei den Datenservern mit Samba und bei globalen Zugriffen mit einer Nextcloud und Paperless NGX. Danach folgt die Benutzerverwaltung mit Samba4 AD. Anschließend werden Drucker umgestellt sowie Datenbanken auf PostgreSQL oder MariaDB. Danach folgen Remote Access Server für Rustdesk und Inselsysteme. Virtualisierte Clients unter Windows für Legacy Software können hier ebenfalls genutzt werden.
2.4.1 Client Migration: Abteilung für Abteilung
Erst am Ende folgen die Clients. Wir beginnen mit einer Abteilung und einem Pilotnutzer. Die Abteilung wird auf das neue Betriebssystem und die neue Software geschult. Der Pilotnutzer wird als erstes umgestellt und ein erster User Akzeptanztest durchgeführt.
Danach werden nach und nach alle weiteren Clients der Abteilung ausgerollt, bis die gesamte Abteilung migriert wurde. Danach folgt die nächste Abteilung. Wichtig ist, dass alle arbeitsfähig bleiben. Hierfür können Störreserven genutzt werden.
Abteilungen wie die Buchhaltung bleiben wegen gesetzlicher Pflichten und Legacy Software bis zum neuen Geschäftsjahr unter Windows. Die Umstellung erfolgt dann auf eine Cloudlösung des Herstellers im Webbrowser. Sollte eine Migration der Altdaten nicht möglich sein, werden Legacy Systeme als Störreserve aufgebaut und regelmäßig geprüft. Auch Virtualisierung solcher Systeme ist sinnvoll.
Die Buchführung muss den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, auch während der Systemumstellung.
2.5.1 Rollback Plan
Sollte es für ein Problem keine Lösung geben, wird ein Rollback auf Windows eingeplant. Wir befinden uns aktuell nur in der Planungsphase und noch nicht in der Durchführung.
2.6.1 Finale Windows Systemabschaltung
Alte Windows Server und Dienste abschalten. Eventuelle Abos kündigen. Linux übernimmt nun offiziell. Ein Monitoring der neuen Linux Systeme wird aktiviert.
2.7.1 Die alten Software Lizenzen verkaufen
Nach EU Recht dürfen gebrauchte Lizenzen verkauft werden. Dies sollte genutzt werden, um eine zusätzliche Geldquelle zu erschließen. Die Preise am Markt sind jedoch stark gesunken. Man erhält etwa 5 bis 15 Prozent des ursprünglichen Einkaufspreises. Realistisch sind unter 10 Prozent. Marktrecherche eBay.de vom 04.12.2025.
Dennoch ist dies besser als nichts.
2.8.1 Planung der Dokumentation
Die neue Software muss dokumentiert und für Schulungen aufbereitet werden. Eine optimierte Version ist hilfreich, da viele Schulungen im Netz zu umfangreich sind. Die IT Abteilung sollte ein Dokumentationstool wählen und eigene Online Dokumentationen sowie Schulungen erstellen. Diese sollten Zugriffs beschränkt sein. Ein Beispiel ist Bookstack mit Text und Video auf einem eigenen Server.
2.9.1 Performance von Windows und Linux
In meinem Projekt hat sich gezeigt, dass die Leistung meiner alten Hardware für Linux und mein Daily Business vollkommen ausreicht. Mein zehn Jahre alter Lenovo schafft alle Business Anwendungen. Auf meinem neuen Laptop liegt die RAM Auslastung im Arbeitsbetrieb bei unter 4 GB, maximal 12 bis 16 GB beim Rendern.
Das neue Microsoft Betriebssystem verbraucht im Leerlauf 7,6 GB. Dazu kamen Stabilitätsprobleme der Menüs und Taskleiste. Der Explorer stürzte häufig ab. Etwa 30 Prozent meiner Hardware ist nicht kompatibel mit dem neuen Betriebssystem. Zwar kann man Windows 11 auf nicht kompatibler Hardware betreiben, jedoch ist dies nicht professionell.
Für mich ist Linux die professionellste, günstigste und hardware schonendste Lösung.
2.10.1 Linux Sicherheit und Virenschutz
Die meisten Viren werden für Windows entwickelt. Da Linux jedoch beliebter wird, kann sich das ändern. Social Engineering betrifft ebenfalls Linux Nutzer. Das Abgreifen von Zugangsdaten per Mail oder durch Anrufe vermeintlicher Softwarehersteller ist eine zunehmende Gefahr.
Regelmäßige Sicherheitsschulungen sind wichtig. Firewalls, Dokumentenprüfungen bei Mails und Virenschutz sollten auch unter Linux eingesetzt werden. Macht es Angreifern schwer. Hacker suchen leichte Opfer, die automatisiert angegriffen werden. Seid keines dieser Opfer.

